„Linksfaschismus“ nach Jürgen Habermas

(Juni 2024 auf FB:) „Verständigungsorientiertes Handeln“ (1) ist ein zentraler Begriff von Jürgen Habermas. Auch hat Habermas den alten Begriff Linksfaschismus (2) wesentlich mitgeprägt.

(1) Zum ersteren Begriff:
wie passt Verständigungsorientierung im politischen Handeln mit dem heute verhärteten Schimpfwort Putinversteher zusammen? Ist das eine Art Verständigungs- und Verstehensverbot, cancel culture des Verstehens und der Verständigung?

Wenn man ernsthaft einen Konflikt friedlich lösen will, muss man nicht gerade dann versuchen, seinen Feind, seine Motive etc zu verstehen, denn doch nur so kann man mit echten Verhandlungs- Bedingungen auf ihn zugehen? Wenn man dann aber sofort zB als Putinversteher diffamiert wird, ja, dann will man vermutlich gar keine friedliche Lösung der Verständigung – sondern nichts als Krieg?

(2) Jürgen Habermas hat den Begriff Linksfaschismus interessanter Weise im Zusammenhang mit „linken Militarismus“ und gewaltbereiten „linksterrorismus“ (wie zB bei der RAF) gewählt und so entschieden mitgeprägt:

Der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas warnte 1967 vor einem „linken Faschismus“ der APO, der eine Gewalteskalation fördern und rechtfertigen könne.“ (Wikipedia)

In der Tat scheint es damals wie heute wieder eine Art linksmilitarismus zu geben, den Habermas damals schon deutlich als „Linksfaschismus“ kritisiert und angeprangert hat:

„Zu Habermas’ Talenten gehört sein Geschick, Begriffe zu prägen, die zu Diskursmarkierungen wurden. «Linksfaschismus» zum Beispiel, gerichtet gegen den militant-gewaltbereiten Flügel der studentischen Linken von 1968.“
https://www.nzz.ch/feuilleton/juergen-habermas-gleichheit-und-das-vertrauen-in-die-vernunft-ld.1487540

Vielleicht ist „Linksfaschismus“ gerade heute wieder ein berechtigter „Kamfbegriff“ gegen vermeintliche Linke, die sich durch gewaltverherrlichenden Militarismus und Putsch- und Revolutionsgehabe selbst missverstehen?

Eine sinnvolle, weniger kämpferischer Alternative zu diesem Begriff ist vielleicht der Begriff des linkstotalitarismus?

„Das Besondere an dieser postideologischen Form des Totalitären ist, dass dieser Totalitarismus, obwohl er ganz im Sinne der ursprünglichen Bedeutung des Wortes ausschließlich den Kapitalinteressen dient, zuvorderst von der Linken getragen wird. Ein ebenso neuartiges, wie unartiges Bündnis also. Rechtsrutsch in den Europawahlen hin oder her, die wirkliche Gefahr scheint mir von diesem Bündnis zwischen Kapital und der heutigen „Linken“ auszugehen. Der forcierte „Kampf gegen rechts“ trägt lediglich zur erfolgreichen Verdrängung dieser Gefahr bei – der aus meiner Sicht größten Gefahr der Gegenwart.“ (Tove Soiland ist Historikerin und Philosophin. Sie ist Mitglied von „Linksbündig“, einer politischen Organisation aus der Schweiz, die sich der Aufarbeitung der Corona-Krise aus einer dezidiert linken Perspektive widmet.)

Mehr Analysen zum Thema Faschismusthese


Was überhaupt bedeutet links und rechts?
https://bio-digital-kapitalismus.de/links-rechts/linksfaschismus/

Hier weiter zu Habermas:

(18.06.2024 auf FB anlässlich seines 95.Geburtstafs:)

Die Algorithmen werden heute gezielt gesteuert und es wird in social Media viel zensiert.

Vor allem gibt es heute neue #Schimpfwörter und #Feindbilder und nur wenn wir uns wieder von diesen verhärteten Feindbildern verabschieden kann es uns gelingen, zum „kommunikativem Handeln“ und zum möglichst „herrschaftsfreien Diskurs“ zurück zu gelangen, bei dem die „besseren Argumente“ zählen – und nicht etwa „Macht und Geld“ (Habermas: „Theorie des kommunikativen Handeln“).

Entmenschlichung, Verteufelung und Degradierung des Feindes sind ein Wesensmerkmal des #Faschismus.

Der Faschist #hasst seinen #Feind und setzte in der NS-ZEIT auf #Vernichtung, #Krieg und #Endsieg.

Seine größte #Angst ist daher der Verlust seines Feindbildes.

Denn ohne #Entmenschlichung, #Diffamierung und #Degradierung seines Feindes, müsste er sich mit dem Feind auseinandersetzen, mit ihm reden, in #Dialog treten und zumindest versuchen, dessen Absichten und Interessen zu #verstehen.

So aber liefe er Gefahr, ein #Humanist zu werden, der grundsätzlich jeden Menschen als gleichberechtigtes Mitglied der #Menschheitsfamilie anerkennt.

Der Humanist entmenschlicht, diffamiert und degradiert selbst seinen ärgsten #Feind nicht und setzt auf #Auseinandersetzung, Völkerverständigung und #Dialog.

In faschistoider Gesellschaft gibt es viele Feindbilder: wie zB „Ausländer“, Putinversteher, Querdenker, Pazifistinnen, Verschwörungstheoretiker, Afdler etc. Feindbilder aber schüren Hass und Hetze und leiten so das Ende „kommunikativen Handelns“ und das Ende des möglichst „Herrschaftsfreuen Diskurses“ ein und genau das führt zur #Polarisierung, Verrohung und zu der von der Rüstungsindustrie favorisierten #Militarisierung der Gesellschaft.

Die atomare Katastrophe, die alle Vertreterinnen der Frankfurter Schule jeher befürchtet haben, rückt somit in faktischer Nähe und sollte uns gerade heute eine Mahnung sein.

(26.04.2024 auf FB:)

Antwort auf

@t1m61: ich finde öffentliche Diskussion – mit anderen Worten: einen möglichst #herrschaftsferien #Diskurs der #Öffentlichkeit im Sinne Habermas sehr wichtig. Aber wenn du das jetzt hier beenden möchtest: bitte noch eine kurze Antwort auf deinem ansonsten sehr guten Text:
Die #Faschismusdefinition von Mussolini schließt doch nicht aus, dass der Faschismus sich gerne sozialistisch tarnt und hinter Fassaden versteckt – zumindest in den Anfängen – oder? Wehret den Anfängen! Nie wieder Auschwitz! Doch ich befürchte er ist schon allzuweit vorangeschritten und mit jeden weiteren Schritt wird der Ausstieg immer schwieriger und das #Großkapital von #Rüstungsindustrie etc entfaltet längst seine #Eskalationsspirale. Deutschland ist mit #Ramstein etc #Drehscheibe der NATO in #Europa und wenn das so weiter geht im Kriegsgeschehen mitten drin(!) und dann werden sich #Flucht und #Migration vermutlich ins Gegenteil verkehren. Selbstverschuldet? Hat ein #kriegsvergessenes, #dekadentes, #dummes, #deutsches Volk, das sich bereitwillig hat spalten lassen, besseres verdient? 3,5 Prozent hätten auf der Straße was bewirken können – doch wo sind die #Friedensdemos? Und wer hat sie #verhindert und systematisch #gespalten? Eine selten so systemtreue, kriegstüchtige pseudo- #Antifa? Und wer finanziert diese? https://bio-digital-kapitalismus.de/links-rechts/finanzierung-der-antifa/
Teile und Herrsche? Das Prinzip, das alledem zugrunde liegt? Dazu Bertolt Brecht: https://bio-digital-kapitalismus.de/dialektik-der-selbtverschuldeten-unmuendigkeit/teile-und-herrsche/

(8.02.2024:)

Ich möchte die Hoffnung auf eine friedlichere Weltordnung nicht aufgeben und setze mit Habermas auf mehr #Dialog bzw auf

– einen möglichst fairen und medial offenen

#Diskurs der #Öffentlichkeit

zur argumentativen Überzeugung und Verteidigung echter Menschlichkeit, bei der #Militarismus, #Faschismus und insbesondere auch #Fremdenfeindlichkeit keine Chance haben!

https://bio-digital-kapitalismus.de/ende-des-diskurses/

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